Surrealismus und Antifaschismus im Lenbachhaus München - Nein Danke!?
Am 8.Nov. traf sich zum 25.jährigen Jubiläum von LABYRINTHE dessen Vorstand Roman Hocke, Otfried Culmann und Fritz Hörauf in München.
Die Vorstandsvorsitzenden nahmen die Gelegenheit war, die Ausstellung "Aber hier leben? - Nein Danke! Surrealismus und Antifaschismus" im Lenbachhaus zu besuchen, wobei sie zu der kritischen Feststellung kamen, daß die Ausstellung, welche den Antifaschismus beim Surrealismus in den Mittelpunkt der Ausstellung stellte, eigentlich eine Ausstellung zu der 600seitigen Publikation "Surrealismus + Antifaschismus. Anthologie" (Hatje Cantz Verlag) ist, die aber noch nicht vorliegt! Man muß leider die Feststellung treffen, daß die wenigsten Ausstellungsbesucher die Ausstellung (trotz einiger schriftlicher Hinweise) äußerst schwer, oder überhaupt nicht verstehen werden. Während in Brüssel und jetzt in Paris große Ausstellungen mit Spitzenwerken der Surrealisten zum 100.Jubiläum des Surrealistischen Manifest gezeigt werden, hat man bei dieser Ausstellung den Verdacht, daß man sich in München auch an das Surrealismus-Jubiläum anhängen wollte, weil der in der Regel ein großes Publikum anzieht, wobei man aber die politische Seite besonders herausstellen will. Schwer verständlich ist der Ausstellungstitel, weil dieser die Frage aufwirft: wer will hier wo nicht lebt ...Nein Danke? Dies wir auch nicht bei den Wandtexten erklärt, denn meint man hiermit das nationalsozialistische Deutschland, die damals besetzte französische Zone oder die USA, wo z.B. André Breton hin geflohen ist, sich aber konsequent geweigert hatte englisch zu lernen. Leider mußten wir feststellen, daß diese Art der Ausstellung und Aufarbeitung des Surrealismus nicht unsere Zustimmung findet, weil hier Vorgänge isoliert dargestellt und Zusammenhänge übergangen, bez. nicht deutlich werden. Man muß darauf hinweisen, daß der Surrealismus nicht durch die surrealistischen Schriftsteller, sondern durch die surrealistischen Künstler weltbekannt geworden ist! Wenn es um Politik und Philosophie geht, so hatte hierbei André Breton eine herausragende Rolle beim Surrealismus, die aber bei der Ausstellung nicht deutlich wird, ja eher noch unter geht und er nur nebenbei als "Papst des Surrealismus" hingestellt wird. Dies ist alles ausführlich in dem Buch "Revolution des Geistes: Das Leben André Bretons. " von Mark Polizzotti oder in der RORORO-Biografie von Prof. Volker Zotz (ein Pfälzer) nachzulesen. In der Ausstellung fehlt z.B. Giorgio de Chirico dessen Werk einen entscheidenden Einfluß auf die Kunst des Surrealismus von Anfang an hatte und dessen Gladiatoren verschlüsselt über die damalige politische Situation berichten. Ebenso fehlt Dali der in seiner Jugend kommunistische Tendenzen in seinen Zeichnungen zeigte, aber dann immer mehr zum Faschismus neigte, bez. er zu Max Ernst sagte, daß er eigentlich ein Opportunist sein. (siehe Bilder wie "Weiche Konstruktionen mit gekochten Bohnen - Vorahnung des Bürgerkrieges" 1936). Von anderen KünstlerInnen wie z.B. Toyen hätte man sich bessere Bilder gewünscht. In der Ausstellung werden zur Dokumentation in Vitrinen eine große Zahl von Büchern gezeigt, deren Sinn ohne Erklärung sich in der Ausstellung schwer erschließt. Andererseits fehlt z.B. in der Ausstellung die Ausgabe vom Surr Manifest von 1929.
Im Wandtext steht; "Mit dem Fokus unserer Ausstellung auf den politischen Surrealismus stellt sich die Frage nach den Möglichkeitsbedingungen von Kunst in Deutschland. Wegen der (kunst)-politischen Situation mussten die meisten dezidiert antifaschistisch orientierten Surrealist*innen das Land verlassen. Wir sprechen deshalb von einer surrealistischen Leerstelle im nationalsozialistischen Deutschland. Eine offene und konsequente Fortführung surrealistischer Praktiken war fast nur im Exil möglich, und auch hier oft unter erschwerten Bedingungen."
Man verkennt die Situation in dem man von "einer surrealistischen Leerstelle im nationalistischen Deutschland" schreibt und jetzt auch nichts anderes macht als diese deutschen"Surrealisten" die aus verschiedenen Gründen Deutschland nicht verlassen konnten, jetzt nicht in die Ausstellung mit einbezieht. Wo ist bei der Ausstellung ein Werk von Edgar Jené? 1904 in Saarbrücken geboren, befreundet mit André Breton und der in seinem Buch "Der Surrealismus und die Malerei" vertreten ist und von dem er einen großen Teil von dessen Sammlung auslieh um damit 1952 in Saarbrücken die erste große Surrealistenausstellung in Deutschland zu organisieren. Bei dieser Ausstellung war Edgar Ende mit 5 Ölbilder vertreten, der schon um 1925 surrealistisch konzipierte Bilder malte? Es fehlen weiter Mac Zimmermann, Karl Kunz, Schröder-Sonnenstern, Franz Radziwill, Bernhard Schultze und Woldemar Winkler.
Wer nichts mit den Theorien und politischen Problemen anfangen kann, hat immerhin die Möglichkeit eine ganze Reihe hervorragende Werke dort zu entdecken.
Nach dem Ausstellungsbesuch fand im Haus von Mariko Sato, der Frau von Michael Ende, eine Besprechung der LABYRINTHE-Vorsitzenden statt.