Wanderer zwischen den Welten: Eggenfelden 2010

Wanderer zwischen den Welten

Phantastische und visionäre Kunst aus drei Jahrhunderten

Ausstellungsdauer: 30. April – 29. August 2010  
Ausstellungsort: SchlossÖkonomie Eggenfelden/Gern (bei Passau) – Gotischer Kasten
Öffnungszeiten: Samstag + Sonntag 13 -18 Uhr, Montag geschlossen
Dienstag bis Freitag 10 - 12 Uhr und 15 bis 18 Uhr

 
13 Wochen phantastische und visionäre Kunst in Eggenfelden/Gern – 13 Wochen Eggenfelden ein Zentrum der Phantastischen Kunst?

Die Ausstellung beginnt mit den Urvätern der Phantastischen Kunst, den italienischen Architekten und Künstlern Piranesi, und führt über die modernen Klassiker der Phantastischen Kunst wie Edgar Ende und Mac Zimmermann zu acht zeitgenössischen Künstlern mit ihren surrealen Weltbildern.

Fritz Hörauf, in Eggenfelden geboren und seit Jahrzehnten mit seinen visionär phantastischen Bildern Kunstinteressenten der Region und weit darüber hinaus bekannt, ist es als Vorstandsmitglied von LABYRINTHE gelungen, eine außergewöhnliche Ausstellung mit herausragenden Künstlern für den Gotischen Kasten in Eggenfelden zu organisieren.

Edgar Ende, 1901 in Hamburg geboren und Jahrzehnte in Bayern lebend, begann schon um 1925 phantastische Bilder zu malen, ohne von der Existenz einer surrealistischen Bewegung in Paris zu wissen. Die Bedeutung seines Werkes wurde in großen Ausstellungen – z.B. im Lehnbachhaus München und der Städtischen Kunsthalle Mannheim – durch kunstwissenschaftliche Publikationen gewürdigt.

Seinem Sohn, dem Schriftsteller Michael Ende, war es ein tiefes Anliegen, dass die Phantastische Kunst einen besonderen Stellenwert in der Kultur von heute erhält, weshalb er als einer der Initiatoren von LABYRINTHE – Gesellschaft für phantastische und visionäre Kunst anzusehen ist. In direkter örtlicher Nachbarschaft in Genzano di Roma, lebte der Manierismusexperte Prof. Dr. Gustav René Hocke, dessen Buch „Die Welt als Labyrinth" mit seinen Studien zum Manierismus und zur Phantastischen Kunst weltweit Beachtung gefunden hat. Die von G.R. Hocke aufgezeigte Konstante der Phantastischen Kunst über die Jahrhunderte bis heute versucht LABYRINTHE bei ihren Ausstellungen sichtbar zu machen.

Ein weiterer Klassiker des deutschen Surrealismus ist Mac Zimmermann. Er wurde 1912 in Stettin geboren und hatte ab 1958 in Berlin und ab 1963 in München eine Professur an deren Akademien. Aus seiner Klasse traten Künstler wie Hörauf und Culmann hervor. Mac Zimmermanns Werk wurde u.a. bei der documenta in Kassel wie auch bei der Biennale von Venedig gezeigt.

Vor ca. 15 Jahren wurde in Bonn/Rolandseck im Kreis von über 50 internationalen Künstlern, Schriftstellern, Galeristen, Verlegern, Politikern das Zentrum der phantastischen Künste gegründet, aus dem später LABYRINTHE – Gesellschaft für phantastische und visionäre Kunst hervorgegangen ist. Diese ist nicht als eine geschlossene Künstlergruppe zu betrachten, sondern LABYRINTHE sieht sich als ein Netzwerk zwischen den Künstlern, um in immer neuen Konstellationen, je nach örtlicher Ausstellungssituation, Beispiele aus der großen Bandbreite dieser Kunst zu zeigen.

Roman Hocke, Literaturagent, ist Vorsitzender von LABYRINTHE,  der Gesellschaft für phantastische und visionäre Künste, und verwaltet den künstlerischen Nachlass von Edgar Ende und Michael Ende wie auch den kunstwissenschaftlichen Nachlass von Gustav René Hocke. In seiner Einführungsrede in die Ausstellung wird er darlegen, warum es die phantastische Kunst immer schon gab und warum sie gleichzeitig immer Neues hervorbringt.
 

Über die Ausstellenden:

Giovanni Battista Piranesi, 1720 im Veneto/Italien geboren und 1778 in Rom gestorben. War Kupferstecher, Archäologe, Architekt und Architekturtheoretiker. Seine Kupferstiche über antike Denkmäler von Rom, machten ihn zu einem der bedeutendsten Kupferstecher seiner Zeit. Von besonderem Interesse für die Phantastische Kunst sind seine Radierungen über die „Cerceri", in denen er Gefängnisse in gigantischen Dimensionen in einer labyrinthischen Architektur dargestellt hat. Sein Hang zum Gigantischen wird auch durch seinen Ausspruch deutlich: „Ich habe das Bedürfnis große Ideen hervorzubringen, und ich glaube, wenn man mich mit der Planung eines Universums beauftragte, ich wäre verrückt genug, diesen Auftrag anzunehmen."

Francesco Piranesi 1756 oder 1758 in Rom geboren und 1810 in Paris gestorben. Er war der Sohn von Giovanni Battista Piranesi und ebenfalls Künstler und Architekt. Wie sein Vater schuf er Radierungen von Denkmälern der Stadt Rom, aber auch von Pompeji. 1788  wird er vom schwedischen König Gustav III zum königlichen Agenten für die Schönen Künste in Italien ernannt und 1794 zum schwedischen Konsul in Neapel. Wegen seiner Sympathie für die republikanischen Bewegung in Frankreich, flieht er mit den gesamten Druckplatten nach Paris wo er eine Druckwerkstatt eröffnet.

Alfred Bast 1948 in Schwäbisch Gmünd geboren. Lebt in Abtsgmünd und Berlin. FH Schwäbisch Gmünd, Zeichnen bei Prof. Nic Plump. Studium der Malerei an der Kunstakademie in Stuttgart, Prof. Gollwitzer, Prof. Grau, Prof. von Stockhausen. Gestaltung und Ästhetik bei Lothar Retzlaff. Stipendien und Artist in Residence. Studienstiftung des deutschen Volkes, Auslandstipendium Pondicherry Auroville, Südindien. Kunststiftung Baden-Württemberg. Atelierhaus Worpswede. Banana Factory, Bethlehem, (USA) Shekesfehervar, Ungarn, Jamshedpur, Indien, Goethe-Institut, Georgien, Goethe-Institut, Dakar/Senegal/Afrika.

Seit 1975 regionale, nationale und internationale Ausstellungen, Seminare und Projekte zu Kunst, Wahrnehmung und Spiritualität, Performances und projektbezogene Lehrtätigkeiten. 1995/96 Gründung KUNST KLOSTER art research. 

Culmann H. Otfried 1949  bei Landau in der Pfalz geboren, wo er heute auch lebt. Studium an den Akademien Suttgart und München. Meisterschüler von Prof. Mac Zimmermann. Mannlich-Preis, Purrmann-Preis , Preis „Junge Kunst" und Stipendien in der Villa Massimo/Rom und Paris. Mitbegründer und im Vorstand einer internationalen Bewegung der Phantastischen Kunst 1994 in Rolandseck die heute den Namen „LABYRINTHE – Gesellschaft für phantastische und visionäre Künste trägt. Kurator der großen internationalen Ausstellungen „art-imaginär” 1998, 2007 und 2009 in Neustadt/Weinstr. Pfalz

Culmanns Visionen zeigen eine archaische Landschaft mit bizarren Brunnen und rätselhaften Architekturen und Stadtlabyrinthen, aber auch südpfälzische Scheunen und Gehöfte, in denen sich vagabundierende, wunderliche Gestalten niedergelassen haben. Wenn er nicht gerade an seinen Bildern malt, oder Guckkastenbilder und spektakuläre Musikautomaten baut, schreibt er phantastische Romane und Essays. 

Fritz Hörauf 1949 in Eggenfeld/Niederbayern geboren, studierte an der Kunstakademie München bei Prof. Hartmann und Prof. Mac Zimmermann Malerei und an der Universität Kunstgeschichte, Archäologie und Philosophie. Außer mit Malerei und Plastik beschäftigt sich Hörauf auch mit Architektur, die er z.B. bei der Aussegnungshalle in Eggenfeld realisiert hat. Der Künstler lebt in München.Vorstandsmitglied von LABYRINTHE. Ausstellungen im In- und Ausland z.B. in New York, Philadelphia, München, Köln, Berlin und Rothenburg ob der Tauber.

„Malen und Zeichnen verstehe ich als eine Art Freisetzen. Dies ist vergleichbar mit einem Nebel, der sich nach und nach auflöst und die hinter ihm liegende Landschaft erkennen lässt. Dem Nebel entspräche das Weiß der Leinwand oder des Papiers. Das Sichtbarmachen einer unsichtbaren Welt ist kein mechanischer Prozess, wie etwa beim Medium, sondern ein malerisches Ringen, ein ständiger Austausch, um den Wesen nahe zu kommen, die in einem anderen Rhythmus von Raum und Zeit leben und sich als Pflanze oder Tier, als Landschaft oder menschliches Gesicht verkörpern.

Claudia Knüppel 1969 geboren in Kösching bei Ingolstadt und lebt heute in Dachau. 1988 bis 1993 Magisterstudium der Kunstpädagogik, Kunstgeschichte und Psychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität, München. Begleitend Teilnahme an der Illustrationsklasse von Maria Friedrich an der Akademie der bildenden Künste, München bis 1997. Kunsttherapeutische Arbeit und begleitende logotherapeutische Ausbildung seit 2001. 

Malen ist für mich ein Sichtbarmachen innerer Welten, denen durch den künstlerischen Prozess zur Geburt ins irdene Leben verholfen wird. Dieses Sichtbarmachen kann sowohl in gegenständlicher als auch in abstrakter, formfreier Weise geschehen. Beim Gestalten und Malen begegne ich vor allem meinem inneren Kind, das die Welt des Kleinen als ganz groß erlebt. Kleine Blüten- und Blätterwelten sind lebendige Wesenheiten, die aus dem Licht hervortreten, bzw. die Licht sind.

Wolfgang Maria Ohlhäuser 1941 in Stuttgart-Bad Cannstatt geboren. Seit 1986 wohnhaft im Schloß Langenzell/Wiesloch und seit 2009 in Weinheim. Ausbildung als Grafiker. Seit 1967 freischaffender Grafiker in Mannheim und Heidelberg. Zahlreiche Lehraufträge für Altmeisterliche Technik an Universitäten und Akademien in Thailand und Nepal. Zahlreiche Ausstellungen, Preise und Stipendien.

Öhlhäuser ist ein Nachfahre von Hieronymus Bosch, Pieter Bruegel und Max Ernst, aber in einer pittoresken asiatischen Landschaft, die er in minutiöser, sehr detailreicher und sehr zeitaufwändiger Form auf die Maltafel bringt. Es sind Visionen seiner Paradieslandschaften wie man sich die Welt tatsächlich wünscht.

Tamara Ralis In München geboren, studierte Tamara Ralis von 1970 bis 1974 an der Kunstakademie München in der Klasse von Hermann Jünger und an der Otto Falkenberg-Schau-spielschule. 1974 folgte das Studium der Philosophie und der Literatur in New York. Die Künstlerin lebt in München.

Die Objekte von Tamara Ralis sind Miniaturplattformen mit einem auf wenige Gegenstände reduzierten Geschehen. Durch ihre bühnenartige Erscheinungsform und durch ihre reduzierte Zeichensetzung müssen sie zur Kunst der „ars metaphysica" gerechnet werden. Die Objekte beeindrucken durch das bestimmte Arrangement der Gegenstände, die durch die Leere des Raums zueinander in Beziehung gesetzt werden.

Ernst Steiner 1935 in Winterthur (CH) geboren, lebt heute in Wien. Kunstgewerbeschule Zürich, Akad. für angew. Kunst und Akad. der bild. Künste, Wien und ein Musikstudium an der Akad. für Musik und darstellende Künste, Wien

„Als ob ein irischer Malermönch mit tausend und mehr Jahren Verspätung sich in die von Modernismen explodierende Kunstszene verirrt hätte, so tauchte der junge Ernst Steiner anfangs der sechziger Jahre mit verinnerlichten, teils goldgrundierten Arbeiten in den Galerien auf. Aus labyrinthischen Wurzelgeflechten sproßten phantastische Pflanzen und Bäume, in prallen Knospen staute sich Lebenssaft und Triebkraft. Farne rollten ihre dunklen Blattspiralen. So sehr drängte ein Übermächtiges zum Durchbruch, dass dem Maler nur mit minuziösem Aufzeichnen der Wunderwelt zu antworten übrigblieb. Er musste etwas schaffen, wonach niemand fragte – was die Wenigsten interessierte und Manche gar belächelten. Von Anfang an war Steiners Kunst eine wesentlich spirituelle Kunst, denn sie kam aus dem Erschrecken und der Erschütterung, dem Staunen und Stammeln, der Hingabe an eine nie zu beruhigende Sehnsucht." Gerhard Pinicl             

Theodor-Körner-Kunstpreis (1998) – Sechsmonatiger Arbeitsaufenthalt in Kairo (2001), Arbeitsaufenthalt in Maloja (2004), Arbeitsaufenthalt in der Kartause Ittingen.

Cornelia Simone-Bach 1941 ist in Konstanz geboren. Studium an der Bodensee-Kunstschule. Lebt heute in Wien. Aufgewachsen, behütet und aufgeschreckt zugleich von Vergangenheit und Zeitläufen. Mit einem hintergründigen Sensorium für menschliche wie ästhetische Werte ausgestattet, registriert die Künstlerin ihre Erlebnisse. Eine Wanderin zwischen mehreren Welten, sucht sie den Anreiz der sich stets ändemden Umwelt. Sie braucht das Refugium der freien Natur, nicht als Idylle, sondern als Konfrontation mit dem Ursprünglichen. Im Innersten erfüllt von der Sehnsucht nach dem paradiesischen Urzustand, versenkt sich Cornelia Simon mit meditativer Hingabe ins kleinste Detail ihrer Bilder. Zugleich lebt modemstes Existenzbewusstsein in ihr: das Simultangefühl von heute. Vielleicht liegt hier eine Parallele zu den geheimnisvollen Durchblicken, den sich überschneidenden Perspektiven in ihren Bildern, die nicht nur eine Situation, sondem die Auffächerung der Wirklichkeit anvisieren. Sie ist eine Produzentin stupender Tag- und Nachtträume; aber was immer das geistige Auge erschaut und erleidet, kann das künstlerische nicht blind übernehmen. Gerade die strenge Bildkomposition, eine oft ikonenhafte Szenerie beweisen, dass das elbische Wesen Cornelia Simon nicht nur im irrealen Traumreich beheimatet ist, sondern die Disziplin der konzentrierten, gestalterischen Übersetzung kennt und meistert.