„art-imaginär 09”: Besuch aus Viehtach

„art-imaginär 09" die 3. Offensive der internationalen Phantasten im HERRENHOF Neustadt-Mußbach

Am 7. Oktober 09 bekam die „art-imaginär 09" Besuch aus Bayern. Bürgermeister Bruckner von Viechtach (in der Nähe von Regensburg), kam extra mit Frau Häuslmeier von der Tourist-Information Viechtach und dem Künstler und Leiter des Kristallmuseums Reinhard Schmid, um sich die Ausstellung anzusehen, sich über unsere Ausstellungskonzeption zu informieren und  über ihre bisherigen und zukünftigen Phantastenausstellungen zu berichten.

Die Gäste aus Viechtach waren von der Ausstellung beeindruckt und der Meinung, dass sich die weite Reise zu uns gelohnt hat. In Viechtach werden seit ca. 5 Jahren Ausstellungen mit Phantastischer Kunst im Alten Rathaus gezeigt und man will dort ein Zentrum der Phantastischen Kunst etablieren. Auch wurde über eine zukünftige Zusammenarbeit bei Ausstellungen gesprochen, wozu uns Herr Bürgermeister Bruckner zur Besichtigung der Ausstellungsräume nach Viechtach eingeladen hat.

Gustav Adolf Bähr      Monika Häuslmeier    Otfried H. Culmann    Bürgermeister Bruckner    Reinhard Schmid

Bei unserem Gespräch kamen wir auch auf die Problematik der aktuellen Phantastischen Kunst zu sprechen, die nur selten bei Ausstellungen (außer den Klassikern wie Max Ernst oder Magritte usw.) in den Museen gezeigt wird. Museumsdirektor Dr. Grewenig (Saarland) fordert von seinen Kollegen eine besondere Verantwortung auch gegenüber den Museumsbesuchern, d.h. dass es nicht so sein kann wie bisher, dass zu über 90% Ausstellungen in Museen gemacht werden, welche dem persönlichen Vorlieben des Museumsleiters entsprechen und viele Ausstellungen für bestimmte Leuten von Fach von Interesse sind, die aber sonst niemand interessieren. 

Wie vollkommen verzerrt oder manipuliert die Situation ist, kann an der folgenden Statistik gesehen werden und ich möchte aus „Kunstpräferenzen des Museumspublikums“ aus dem Traktat „Das Museumspublikum als Teil des Kunstpublikums“ von Rainer Wick aus dem Dumont-Buch „Kunstsoziologie“ zitieren:

1. Impressionismus, Expressionismus, Kubismus (klassische Moderne)   44,7 %

2. Alte Kunst bis Impressionismus (ausschließlich klassische Moderne)    23,3 %

3. Surrealistische Tendenzen (einschließlich Phantastischer Realismus)    13,5 %

4. Neorealistische Tendenzen (Pop-art, Neuer Realismus, Kritischer Realismus)    11,0 %

5. Konstruktivistische Tendenzen (einschließlich Op-art)  3,6 %

6. Intermedia, Concept-art, Land-art, Body-art    2,2 %

7. Informel (Tachismus, abstrakter Expressionismus)   1,7 %

Rainer Wick stellt in seinem Text fest: „..so wird deutlich, dass in rund zwei Drittel aller Fälle solche Kunstrichtungen präferiert werden, die seit mehr als einem halben Jahrhundert als historisch abgeschlossen und als fester Bestand des kulturellen Fundus zu bezeichnen sind. Während für konstruktivistische Tendenzen das Interesse fast ebenso gering ist wie für das Informel, erfreuen sich surrealistische Tendenzen besonderer Beliebtheit.“

Wer aber die Ausstellungsprogramme der Museen verfolgt, wird feststellen, dass solche Publikumsinteressen und solche Statistiken von deren Leitungen vollkommen ignoriert werden. Wir haben es hierbei mit einer Art versteckter Zensur zu tun, d.h. es wird zwar kein Verbot ausgesprochen, aber sie wird dort einfach nicht gezeigt. Dr. Grewenig hat auch darauf hingewiesen, dass in Zeiten von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Spannungen Ausstellungen gezeigt werden sollten, welche für die Besucher aller Gesellschaftsschichten eine Bereicherung sind und es nicht so sein kann, dass diese vorher dicke Bücher darüber lesen, oder ein höheres Kunstgeschichtsstudium haben müssen, um die Kunstwerke verstehen zu können. Der große Erfolg der Ausstellungen mit Phantastischer Kunst zeigt deutlich, dass diese Kunst dem Bedürfnis von einem großen Teil des Publikums entgegen kommt, in der eine Welt der Phantasie, inpiduelle Mythologien, Träume und Visionen in Bildern festgehaltenen  sind.

Inzwischen hat es sich auch unter Museumsleuten herumgesprochen, dass Surrealismus-Ausstellungen zu dem meist besuchten Ausstellungen überhaupt gehören, weshalb es auch erfreulicherweise immer wieder solche Ausstellungen auch in Museen gibt, wie demnächst auch im Hack-Museum Ludwigshafen, bei der die  Surrealismus-Ausstellung von 1938 rekonstruiert werden soll. Es gibt hierbei nicht wenige Kunsthistoriker die dann gleich sagen, dass es mit dem Tod von Max Ernst und Dali kein Surrealismus mehr gibt. Wer die Geschichte des Surrealismus verfolgt, wird feststellen, dass damals in Paris  alle Surrealismus-Ausstellungen von der ganzen Presse gnadenlos herunter gemacht wurden und  der philosophische Kopf der Surrealisten André Breton schrieb über Jahrzehnte immer wieder eine „Warnung an jene immer noch unbeschäftigten Totengräber", dass die Bewegung immer noch lebendig und wohlauf sei und er über Jahrzehnte es gewohnt war, dass jährlich in der Presse der Tod des Surrealismus verkündet wurde.

Wenn demnächst im Hack-Museum die Surrealismus Ausstellung stattfindet, die sicherlich wieder ein Publikumsmagnet werden wird, so sollte man hierbei nicht vergessen, dass 1938 in der Presse als Überschrift zu lesen war: „Surrealismus tot – Ausstellung folgt.",  „Die Schule der Possenreißer",  „Der Todeskampf des Surrealismus" usw. Nach dem Tod von André Breton 1966 hat es den Surrealismus in Paris in seiner organisierten Form und Dominanz nicht mehr gegeben. Trotzdem hat es keine andere Kunstrichtung im letzten Jahrhundert gegeben, die einen solchen gewaltigen Einfluss auf die ganze Kunst hatte und hat, wie der Surrealismus – und wenn wir den Surrealismus breiter fassen (immerhin beriefen sich die Surrealisten auch auf historische Vorgänger), so muss man feststellen, dass die Phantastische Kunst (in der Gestalt des Surrealismus) keine modische kurze Phase, sondern eine Erscheinung ist, die es seit vielen Jahrhunderten immer gegeben hat und weiter geben wird.

 

Otfried H. Culmann