Labyrinthe – Info August 2008

Giorgio de Chirico
Werke 1909 bis 1971

Ausstellungsdauer: 23. August bis 22. November 2008 
Ausstellungsort: Kunstmuseum Winterthur

75 Jahre nach der Ausstellung von Giorgio de Chirico im Kunsthaus Zürich von 1933 wird dem großen Künstler erstmals wieder in der Schweiz eine museale Schau gewidmet. Gezeigt wird eine konzentrierte Retrospektive mit rund 60 Gemälden und 20 Zeichnungen aus Schweizer Museen und Privatsammlungen. Dazu kommt eine Auswahl der wichtigsten druckgraphischen Werke aus den zwanziger und dreissiger Jahren, die de Chiricos Nähe zu den Dichtern Guillaume Apollinaire und Jean Cocteau widerspiegeln. Manche der in Winterthur gezeigten Werke waren bis heute nur selten öffentlich zu sehen, und so bringt die Ausstellung manche Überraschung. Dazu zählt das seit 1923 nicht mehr gezeigte erste metaphysische Bild, L’énigme d’un après-midi d’automne, das de Chirico 1909 malte, nachdem er vor der Kirche Santa Croce in Florenz die verstörende Erfahrung der Fremdheit der Dinge gemacht hatte.  

Kein anderer italienischer Künstler hat die Kunst des 20. Jahrhunderts derart nachhaltig beeinflusst wie Giorgio de Chirico (1888–1978). Wenn de Chirico während seines langen Lebens die äußere Form seines Werks – Stil und Ikonographie – auch immer von Neuem änderte, so blieb er seiner Auffassung treu, die Realität als ein imaginäres Theater zu malen. Bereits gegen Ende der zehner Jahre trat die Wirkung seines Werks bei Malern wie Carlo Carrà und Giorgio Morandi zutage, danach in der Malerei und Architektur des sogenannten Novecento Italiano. In Deutschland und der Schweiz bildete sein metaphysisches Werk den Bezugspunkt für den Magischen Realismus und die Neue Sachlichkeit. Schließlich beriefen sich die surrealistischen Maler – Max Ernst, René Magritte, Yves Tanguy – auf de Chirico als ihren Vorläufer. De Chiricos Praxis des Zitats und des Selbstzitats wurde in den letzten Jahrzehnten durch die Vertreter der internationalen Postmoderne in Malerei und Architektur aufgenommen.  

Das Kunstmuseum Winterthur besitzt das wichtige Selbstbildnis als Maler von 1924, das de Chirico in seinem Kleinen Traktat über die Maltechnik als beispielhaft hervorhob. Es ist der Ausgangspunkt für die Ausstellung und wird durch verschiedene frühe und späte Selbstbildnisse ergänzt, denn Selbstbespiegelung und Selbstdarstellung sind zentrale Themen des Künstlers.  

Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf den Gemälden der metaphysischen Periode der zehner Jahre, in denen de Chirico die stille Poesie der leeren Plätze entdeckte. Ihre eigentümlich gesteigerte Perspektive mündet auf die in den Himmel ragenden Türme, Architekturen des Unendlichen. Alltägliche Gegenstände werden in bühnenartigen Räumen miteinander konfrontiert; die überwältigende Klarsicht schlägt sich in der Nüchternheit der Darstellungsweise nieder. Nach dem Ersten Weltkrieg wandte sich de Chirico älteren Formen der Malerei zu, der italienischen Renaissance und der Neo-Romantik eines Arnold Böcklin. Diese Periode ist repräsentiert mit Beispielen der grossen allegorischen Gemälde, die als „Ville romane” bekannt sind, der Stilleben und symbolisch aufgeladenen Selbstbildnisse. In Paris wurde de Chirico ab 1925 von den führenden Pariser Kunsthändlern seiner Zeit, Léonce Rosenberg und Paul Guillaume, vertreten. Diese Werkphase, während der er äußerst erfolgreich war, ist durch zahlreiche Werke präsent, die seine bekanntesten Motive versammeln – Möbel in Landschaften, Gliederpuppen im Gewand von Archäologen, Pferde, Gladiatoren, Trophäen. Die dreißiger Jahre sind eine Zeit der Krise, die mit ernsten wirtschaflichen Problemen de Chiricos nach dem Börsenkrach von 1929 zu tun hat. Sein Werk schwankte zwischen einem eigenwilligen Naturalismus und neuen Bilderfindungen in der Art metaphysischer Phantasien wie in der Folge der Bagni misteriosi. In diese Zeit fallen auch die ersten Repliken nach Themen, die de Chirico in den frühen metaphysischen Gemälden entwickelt hatte. Die von Nietzsche hergeleitete Konzeption der „ewigen Wiederkehr” begann das Werk zu bestimmen. Für die späte Zeit stehen einige wenige Beispiele seiner „barocken” Malerei, die de Chirico als großen, polemischen Kontrahenten der Moderne erweisen. Neo-metaphysische Werke aus der Zeit um 1970, worin der inzwischen über achtzig Jahre alte Künstler von Neuem und in überraschender Frische Figuren und Themen seiner Vergangenheit aufleben ließund ihr neue poetische Bilderfindungen anfügte, beschließen die Ausstellung.  

Für die Ausstellung verantwortlich zeichnen Gerd Roos, der sich durch seine Forschungsarbeit zu de Chiricos Werk einen Namen gemacht hat, und Dieter Schwarz.  

 

Retrospektive zum 25. Todestag des Malers
„Franz Radziwill und die moderne WELT“

Ausstellungsdauer: 16. März 2008 bis 11. Januar 2009
Vernissage: 16. März 2008 um 11.30 Uhr im Franz Radziwill Haus in Dangast

 

Les Yeux enchantés
Zeichnungen und Druckgrafik des Surrealismus

Ausstellungsdauer: 27. September 2008 bis 18. Januar 2009
Ausstellungsort: Kunstmuseum Basel
Kuratorin: Anita Haldemann

Über die Ausstellung:
Der Surrealismus war ursprünglich eine literarische Bewegung, was Max Morise veranlasste, in der ersten Nummer der Zeitschrift La Révolution Surréaliste vom 1. Dezember 1924 unter dem Titel „Les yeux enchantés“ gegen die surrealistische Bildkunst zu polemisieren. Doch nur ein Jahr später setzte sich André Bretons Auffassung durch, wonach Malerei und Zeichnung eine wichtige Rolle im Surrealismus zukomme.
Anhand einer illustren Künstlerschar wird in dieser Ausstellung untersucht, welche graphischen Techniken und künstlerischen Strategien die Surrealisten entwickelten, um der Traumwelt und dem Unbewussten eine visuelle Ausdrucksform zu geben. Erstmals werden im Rahmen dieses Projektes Bestände des Kupferstichkabinetts unter dem Gesichtspunkt des Surrealismus befragt und wissenschaftlich aufgearbeitet. Vertreten sind unter anderen: Otto Abt, Hans Arp, Serge Brignoni, Max Ernst, Alberto Giacometti, Meret Oppenheim, Joan Miró, Francis Picabia, Man Ray und Walter Kurt Wiemken.

 

Max Ernst - Une semaine de bonté.
Die Originalcollagen 

Ausstellungsdauer: 10. Mai 2008 bis 7. September 2008
Ausstellungsort: Max Ernst Museum Brühl

Das Max Ernst Museum zeigt die spektakuläre Wiederentdeckung aller 184 Originalcollagen aus dem Jahr 1933, die als Druckvorlage für den Collageroman von Max Ernst „Une semaine de bonté" („Eine Woche der Güte") dienten. Erstmals seit ihrer Entstehung können alle Blätter der umfangreichsten und berühmtesten Bildgeschichte des Surrealismus nach mehr als 70 Jahren vollständig der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Die Originale geben einen spannenden Einblick in die Arbeitsweise und außergewöhnliche Kreativität des Surrealisten. Die Ausgangsmaterialien, die Max Ernst für seine Collagen verwendet, sind ausnahmslos Holzstiche illustrierter Populärromane, naturwissenschaftlicher Zeitschriften oder Verkaufskataloge des 19. Jahrhunderts, die er durch perfekte Schnitt- und Klebetechnik motivisch umdeutet. Die so entstandenen visionären Bildwelten mit ihrem beißenden gesellschaftlichen Tenor vermitteln eine bezwingende Suggestionskraft und bleiben an Intensität, Spannung und Anspielungen bis heute faszinierend aktuell.

Die vom Max Ernst Museum Brühl in Kooperation mit der Albertina in Wien realisierte Ausstellung gewährt diesen äußerst seltenen Blick auf eines der Schlüsselwerke des Surrealismus. Im Anschluss wird die Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle zu sehen sein. Der begleitende Katalog von 320 Seiten mit Beiträgen von Werner Spies und Jürgen Pech reproduziert erstmals alle Collagen in Farbe und ist zum Preis von 22 € im Museumsshop erhältlich.