DADO

DADO

Miodrag Djuric, Künstlername DADO, ist am 4. Oktober 1933 in Cetinje, Montenegro geboren.1951 besuchte er die Kunstakademie in Belgrad. 1956 geht er nach Paris, wo er in einem Atelier Lithografien druckt und dort Jean Dubuffet kennenlernt. Bald darauf wird er von namhaften Galerien wie James Speyer und Daniel Cordier ausgestellt. 1960 kauft er eine ehemalige Mühle in Herouval bei Gisors, ca. 100 km nördlich von Paris. 1962 besucht er New York, wo Dado seine Frau Hessie, eine Kubanerin und Tänzerin, kennenlernt. Hans Bellmer, Unica Zürn und Michel Leiris besuchen DADO in Herouval. 1991 entsteht in Montenegro ein Anti-Museum von DADO. Seine Bilder sind in der ständigen Sammlung des Centre Pompiduo in Paris zusehen und er wird zu den bedeutendsten Phantasten unserer Zeit gezählt, ein H. Bosch unseres Jahrhunderts. Bei Gisors wurde von ihm eine Kapelle ausgemalt.

Die Fahrt von der Bretagne zu DADO hatte länger gedauert, als wir dachten. Das hing u.a. damit zusammen, dass wir uns nach Herouval über Dörfer, Weiler und Gehöfte hintasten mussten, bis wir endlich nach einem Wäldchen und einem See seine Mühle gegen 18:30 Uhr erreichten. Als wir im Hof ausstiegen und auf das Haus zugingen, kamm uns DADO´s Frau entgegen und begrüßt uns. Sie führte uns links zu einem Anbau mit großen farbverspritzten Fenstern, in einem Raum, in dem bizarre Schrottmonster ein unbeschreibliches Chaos verursachten. Erst auf den zweiten Blick erkannten wir DADO, der wie ein Bauer mit brauner Jacke und Wollmütze Zeitung lesend dazwischen saß. Er begrüßte uns, wie entschuldigten uns, dass wir so unangemeldet und so spät noch bei ihm vorbei kamen, doch wären wir auf dem Rückweg nach Deutschland und ich hätte ihn gerne persönlich kennen gelernt, sowie seine neuesten Bilder gesehen.

DADO verschwand in dem Monstergerümpel und zeigte uns an der Wand mehrere Hochformate die man aber erst aus dem Chaos heraussehen musste. DADO arbeitete an Dürer-Paraphrasen d.h. das Bildnis von Dürers Mutter wandelte er in ein hühnerfüßiges Monster um. Dado fragte mich was ich von dem Bild halte, was mich etwas in Verlegenheit brachte, denn ich hatte 600 km hinter mir und ein Qualitätsmaßstab bei DADO zu setzen ist in der Hinsicht schwierig, weil seine Bilder eine ganz eigene Qualität haben und oft kompositorisch überquellen. Ich sagte, dass ich das Bild recht interessant finde, doch DADO schüttelte den Kopf und knurrte ganz unglücklich, dass es „Merde!“ sei. Er zeigte mir daraufhin ein ganz zerfledertes Dürer-Buch, woraus er seine Inspiration nahm und was mich später veranlasste, ihm von zuhause ein neues Buch zu senden.

Weitere Bilder standen herum, doch war alles so exstatisch mit Farbe verspritzt, dass man die Orientierung verlor und man gar nicht wusste wo man hinblicken sollte. In einem weiteren dunklen Raum waren Leinwände an die Wand getackert, die von einem Grafitti-Künstler besprayt und von DADO dämonisch ausgemalt worden waren. Durch die Dunkelheit des Raumes wirkte das Chaos noch abstruser, zumal hier ausgestopfte Schwäne, eine alte Badewanne, eine von Vögeln vollgekackte Lithopresse, Sessel, Tische und weiterer bemalter Schrott herumstanden. DADO erzählte, dass er auch deutsche Schriftstellern wie Günter Grass und Dürrenmatt gelesen habe und zeigte uns seine neusten Collagen.

DADO gab uns ein Zeichen ihm zu folgen und über eine Treppe und durch einen Flur kamen wir vor das Haus an den See auf dem einige Enten herum schwammen. Eine wundervolle idyllische Landschaft und man fragte sich, wie kommt ein Mensch dazu hier Bilder von pastellfarbener Dämonie zu malen? Der Regisseur Heinz Dieckmann, der einen Film über DADO drehte, erzählte mir, dass während der Filmaufnahmen plötzlich mehrere Schüsse fielen und einige Enten tot in den See stürzten. DADO ließ den Pinsel fallen, hob einen Prügel von der Erde und rannte hinaus. Am See stand ein Bauer von einem anderen Gehöft mit einem Gewehr und als er den rasenden DADO auf sich zu laufen sah, schob er schnell einige Patronen in den Lauf und wollte auf DADO anlegen. Doch DADO warf den Prügel dem Bauern so scharf am Kopf vorbei, dass dieser vor Schreck sein Gewehr fallen ließ. DADO hob es schnell auf und zerschmetterte es an einem Baum. Nachdem er die Reste in den See geworfen hatte, begann eine furchtbare Prügelei zwischen DADO und dem Bauern, die nur durch das aktive Eingreifen durch das Fernsehteam beendet wurde. DADO sagte später, daß der Friede der Landschaft nur Täuschung sei. In Wirklichkeit sei es hier sehr gefährlich!

Der Kunsthistoriker Dr. Saure erzählte mir, dass er einmal DADO besuchte und dieser gerade eine wilde Schießerei im Fernsehen ansah und dabei immer wieder brüllte: „Ja,ja – so ist das wahre Leben!“

Auf der anderes Seite des Fachwerkhauses kamen wir an seinem verbeulten Auto vorbei zu einem zweiten Atelier, das aber eher wie ein Rohbau aussah, denn bei allen Fenstern fehlten die Glasscheiben. An der Wand lehnte ein riesiges längliches Bild mit einer Masse grauer Monster. Davor Tische voller Farben, Flaschen und Pinsel. Vor einigen Jahren war die ganze Mühle abgebrannt und war anscheinend noch immer nicht ganz renoviert. DADO zeigte uns wie er diese Bilder malt, wobei er einfach die Farbe aus der Tube auf einen Tisch schmierte, Terpentin in eine Büchse füllte und dann den Pinsel in das Terpentin tauchte und die Farbe damit verdünnt auf die Leinwand auftrug.

Die Zeit vergeht, es wird dunkel und wir müssen noch ein Hotel suchen. Ich will nochmals wieder zu ihm kommen – es sind die Dinge die man sich vornimmt und die leider mit der Zeit zerrinnen!

Otfried H. Culmann