Ein Film über Ernst Fuchs: Straßensänger und Kaiser

Hamburger Abendblatt

Das Leben als Gesamtkunstwerk: ein buntes Hütchen auf dem Kopf, den Künstlerbart gestutzt, exzentrische Krawatten dazu und ein Atelier, das längst Museum ist. Der Künstler Ernst Fuchs (77) legt Wert auf Äußerlichkeiten. In Jürgen Haases Dokumentation aber zeigt er, dass er durchaus auch Innenansichten zu bieten hat. Selbst betuliche Fragen des Filmemachers und ein gestelzter Off-Kommentar können den kultivierten Esprit des Wieners nicht schmälern. Fesselnd erzählt Fuchs von seiner jüdischen Erziehung, der Flucht seiner Familie vor den Nazis, von seiner späteren Taufe, sinniert über die Bibel und über die Menschwerdung Gottes, trifft alte Bekannte, schlendert durch Jerusalem und erinnert an seinen guten Freund Salvador Dali;. Agil dominiert er die Szenerie und lässt ahnen, was man von ihm hätte erfahren können, wenn man nur etwas gebohrt hätte – nach seiner Hochachtung für Hitlers Lieblingsbildhauer Arno Breker und seiner kämpferischen Parteinahme jenseits aller Konventionen.

So bleibt Fuchs nichts anderes übrig, als die meiste Arbeit selbst zu machen. Und die macht er gut. Umgeben von seinen Werken lässt er mehr als 60 Jahre Revue passieren. Es ist die erste abendfüllende Dokumentation über den Kunststar. Man hätte ihm einen Regisseur mit weniger Volkshochschulbetulichkeit gewünscht und mit so viel Ideenreichtum, wie Fuchs selbst hat.

Ernst Fuchs - Straßensänger: Dtl. 2006, 95 min., ab 12 J., R: Jürgen Haase; tägl. im Studio-Kino; www.progress-film.de