Surrealisten im Roman

Von einem Historiker erwartet man, daß wenn er über eine Persönlichkeit der Zeitgeschichte schreibt, alle Fakten stimmen und er ein Gesamtbild darstellt, das in größtem Maße der Situation und Zeit  dieser Persönlichkeit nahe kommt.

Es gibt Romancier welche das Leben von Künstlern zum Anlaß nehmen um daraus einen Roman zu schreiben, wobei er sich  an den Lebensfakten des Künstlers orientiert und diese auch präzise berücksichtigt und diese in eine literarische Form bringt, welche über die reine historischen Fakten hinaus geht und nicht an der oberflächlich, ausgemalten Historie verbleibt. Hierdurch kann er z.B. zum aktuellen Zeitgeschehen Parallelen ziehen.
Es gibt Romancier die das Leben des Künstlers frei interpretierend, streckenweise auch verzerrend und  weit ab der historischen Tatsachen darstellen. Die historischen Fakten dienen dabei nur als ein grobes Gerüst um das sich eine Liebesgeschichte rankt, weil der Schriftsteller bewußt einen  Unterhaltungsroman schreiben wollte, der nur unterhalten will.  Man kennt das auch von Historienfilmen, bei denen oft (eigentlich immer) Liebesgeschichten  und Action-Szenen eingefügt werden, die nur am Rande, oder gar nichts, mit den historischen Tatsachen zu tun haben und die nur dem Film eine aufmöbelnde Dramaturgie geben soll, was von den meisten Zuschauer erwartet wird  und denen es nicht um historische  Fakten, sondern eigentlich nur um eine spannende Unterhaltung geht, bei der das Liebespaar, nach dramatischen Ereignissen, endlich in den Hafen der Ehe einfährt, oder so ähnlich....

Nun haben die Romancier die Surrealisten ins Blickfeld bekommen und man kann gespannt sein, wie diese als Steinbruch für weitere kommende Künstlerunterhaltungsromane herhalten müssen. Alleine über das Leben von Leonora Carrington (und Max Ernst) gibt es inzwischen mindestens drei Roman. Ebenso von Unica Zürn (und Hans Bellmer). Bei der Beschreibung vom Dalis  Leben verwischen sich die Grenzen zwischen Biographie und Roman, weil Dali selbst sein Leben als Roman angelegt und dementsprechend immer wieder manipuliert hat. Außerdem muß man auch feststellen,  daß  Dali-Schriftsteller (Historiker?) wegen der Arbeitsersparnis,  immer wieder unkritisch von seinen Memoiren, oder den Büchern anderer Dali-Schriftsteller  abgeschrieben haben. Nach den Dali-Lebensbeschreibungen, dessen Leben in weiteren Büchern weiter ausgeschlachtet bez.  breitgetreten wird (die Nachfrage gibt es anscheinend her),  sind die Schriftsteller/innen  auch auf das Leben von seiner  Frau und Muse Gala gestoßen,   obwohl sie in nichts kreativ aber hauptsächlich nymphoman und Dalis Muse war (immerhin!),  gibt es über sie inzwischen mindestens 4 Bücher.
Nachdem ich den Roman "Die Surrealistin" (L.Carrington und Max Ernst) von Michaela Carter  gelesen habe, habe ich mir das Buch "Die Surrealisten" von Markus Mörth besorgt, weil ich wissen wollte wie es nun mit den Surrealisten im Roman weiter geht, denn man muß davon ausgehen, daß ein Roman mit solch einem Titel, etwas mit den Surrealisten zu tun haben muß.
Ich muß  leider sagen, daß ich nicht nur bitter enttäuscht worden bin,  ich mußte mich auch noch durch das Buch gähnen und ich habe  es nur deshalb bis zum Ende gegähnt, weil ich die Hoffnung hatte, daß doch ENDLICH tatsächlich etwas spektakuläres surreales passieren und die Surrealisten auftauchen und dem Roman eine Dynamik geben  würden.  Ja, es kam kurz eine Vision von einem Nashorn auf der Straße vor (war das von Dali entflohen?) aber das war aber auch alles!
Der Buchinhalt handelt ganz kurz gesagt hauptsächlich von drei Freunden, gescheiterten Beziehungskisten, Geldproblemen, Kindern (und am Schluß auch noch Schwangeren)  und das spielt in Österreich in Graz und das alles wird  durch Dialoge zusammengehalten. Der Surrealismus taucht gerade einmal bei einer Hand voll Nebenbemerkungen auf und dann überlegt man, ob die Namen  der  drei Freunde vielleicht eine surrealistische, versteckte Rolle spielen, denn der ist  Max ( Max Ernst ?) und dessen Freund Paul ( Paul Eluard ?), dessen Tochter Rosina (Cecile Eluard ?) und Otto (der Name kommt bei den Surrealisten in Paris nicht vor)  aber nee, - NULL Parallelen, anscheinend alles reiner Zufall! In der Schule hatten die drei Freunde  einen "surrealistischen Pakt" geschlossen und sich als "Die Surrealisten" bezeichnet, weil sie antibürgerliche Lebensentwürfe planten.  Die 3. Person Otto ist Künstler und soll eine Ausstellung machen, doch auch hier ist nicht klar, ob zumindest er surrealistische Bilder malt?  Da das Buch auch noch verfilmt werden soll, haben wir vielleicht in dem Film die Chance zu sehen, ob Otto tatsächlich ein surrealistische Maler ist.... oder nicht!

Otfried H. Culmann