Labyrinthe – Gesellschaft für phantastische und visionäre Künste e.v.

In diesem Artikel stellt Roman Hocke den gedanklichen Hintergrund, die Entstehung und die Aufgaben der „Labyrinthe-Gesellschaft für phantastische und visionäre Kunst e.V." vor.

Solchen (lieblichen) Genuss der Phantasie rechne ich zu den höchsten,
die den Menschen gegeben sind, und in vieler Hinsicht
ziehe ich ihn der Wirklichkeit vor. (Freiherr von Humboldt)

Reisen in die Innenwelt – um die Außenwelt zu begreifen

Die größte und abenteuerlichste Reise des Menschen ist die, die in seinem Inneren stattfindet. Die besten Wegweiser auf diesen imaginären Reisen im Kopf ist die Kunst – egal, ob Gemälde, Roman oder Musik. Kunst vermittelt Ein­sichten in fremde Schicksale, in neuartige Anschauungen und bisher unbekann­te Gedankenwelten. Mit jedem Kunstwerk taucht man ein in eine andere Welt, macht neue Erfahrungen, denkt neue Gedanken und erlebt fremdes Leben. Und mit jeder Einsicht in eine neue Lebens- und Denkweise vertieft sich die Weltkenntnis und wächst die Zuversicht, sich eine Wirklichkeit zu erobern, die sich ununterbrochen wandelt. Kunst verändert unser Bild von der Welt und damit auch uns selbst.
Michael Ende hat diese Reise in seinem Weltbestseller „Die Unendliche Geschichte” beschrieben. Wer nach Phantasien reist und wieder zurückkehrt, macht beide Welten gesund. Phantastische Literatur und Kunst eröffnen einen neuen Blick auf die Realität. Die Innenwelt ist kein Fluchtpunkt, keine Alternative zur Realität. Sie ergänzt sie.1

Phantastische Kunst

Phantastische Kunst ist keine Erfindung unserer Zeit: Es gibt sie in immer neuem Gewand, seitdem Menschen künstlerisch und literarisch tätig sind – und zwar rund um den ganzen Globus. Gehören nicht zu den großen Werken phantastischer Literatur die Odysee, die Divina Commedia und der Don Quichote? Phantastik hat im Laufe der Epochen ganz unterschiedliche Namen und Inhalte angenommen. In der Kunst gab es beispielsweise im Manierismus (1520 bis 1600) eine erste große Blütezeit. Ein zweites beeindruckendes Aufkeimen hat es im Surrealismus gegeben. Ist die Phantastik unserer Tage ihre dritte Verkörperung?

Die Welt muss romantisiert werden. Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn,
dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehen, dem Bekannten
die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen
unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es. (Novalis)

Das Problem mit den Begriffen

Was aber ist phantastische Kunst? Märchen, Traum, Horror, Wahnsinn, das Absurde und Abstruse? Ist sie vielleicht nur das Gegenteil von realistischer Kunst? Oder von abstrakter Kunst? Nein, phantastische Kunst ist keine Protestbewegung gegen irgendeine andere Kunstrichtung, sondern ist in ihrer heutigen Gestalt ein Ausdruck unserer Zeit, ebenbürtig neben den vielen unterschiedlichen Kunstrichtungen – als Beispiel für die Vielfalt menschlichen Geistes. Die Einengung aller Kunst durch Begriffe ist problematisch, denn ist nicht schöpferische Phantasie Freiheit per se, d.h. auch die Freiheit, keine Grenze zwischen sogenannter realer und imaginierter Wirklichkeit zu kennen? Womöglich sind die Künstler und Autoren phantastischer Kunst Entdecker und Chronisten von möglichen Welten, und ihr Kompass ist eher die Metaphysik als die Psychologie. Phantastische Kunst ist Bewußtseinszustand und Bewußtseinserweiterung zugleich, sie ist eine Kunst weniger der Probleme als des Rätsels, des Geheimnisses, des Staunens.

Über die Grenzen konventioneller Wirklichkeit hinaus

Jede Wahrheit entsteht aus einer eigenen Wirklichkeit heraus. Das Problem ist nur, dass jeder meint, seine Wirklichkeit sei die einzig richtige. Was ist das Resultat? Myriaden von Wirklichkeiten mit Anspruch auf eigene Wahrheit! Der argentinische Altmeister der phantastischen Literatur, Jorge Louis Borges, formuliert es sogar noch krasser: „Wirklichkeit ist unser eigenes in allen Spiegeln auftauchendes Abbild von der Welt, ein Phantom, das nur für uns selbst existiert, das mit uns kommt, gestikuliert und verschwindet." Sich darüber zu verständigen, was für jeden von uns Welt also ausmacht, ist gar nicht so einfach. Wie sagte Lichtenberg: „Es gibt Dinge, die man nicht versteht; andere hingegen werden erst nach näherer Betrachtung unbegreiflich." Geht uns das mit der Welt nicht allen so?

Im Phantastischen offenbart sich das Übernatürliche wie ein Riss
in dem universellen Zusammenhang. Das Wunder wurde dort zu einer
verbotenen Aggression, die bedrohlich wirkt und die Sicherheit einer Welt zerbricht,
in der man bis dahin die Gesetze für allgültig und unverrückbar
gehalten hat. (Roger Caillois in „L'Image fantastique")

Die Phantasie

Charles Baudelaire war es, der ein wesentliches Prinzip phantastischer Kunst auf den Punkt gebracht hat: „Die Phantasie zerlegt die ganze Schöpfung nach Gesetzen, die im tiefsten Seeleninneren entspringen, sammelt und gliedert die Teile und erzeugt daraus eine neue Welt." Immer geht es ums Ganze in der Kunst, um nichts anderes als um die Welt! Doch geht es dem Künstler nicht um eine Erklärung der Welt, sondern um das Darstellen von Welten: Jede neue Sichtweise nämlich verändert die Welt.

„Die schöpferische Kraft im Menschen vermehrt, stärkt, steigert das Sein, mit dem sie in Berührung kommt, ganz gleich in welchem Beruf. Sie ist die Fähigkeit des Menschen, die Wirklichkeit des Seienden vollkommen zu machen. Deshalb ist die schöpferische Kraft die höchste aller menschlichen Kräfte. Sie lässt sich allerdings weder begründen, noch erlernen, aber ich bin davon überzeugt, dass sie in jedem Menschen angelegt ist, dass darin seine wahre Gottähnlichkeit liegt – oder auch seine Identität mit Gott."2
(Michael Ende)

Der erweiterte Realismus-Begriff

Phantastik, so formuliert es der polnische Autor Stanislaw Lem in seinem Werk „Phantastik und Futurologie”, ist ein Zweig des Realismus, der in Domänen hineinwächst, die von der Vorstellungswelt noch nicht besetzt sind. Ihre Vorstellungen und Visionen sickern allmählich aus der Welt des Phantastischen in unsere andere, die wir mit einer abgegriffenen Konvention die Welt des Wirklichen nennen. Phantastische Literatur sprengt den Rahmen gesellschaftlicher Konvention, indem sie das herrschende Realitätsprinzip in Frage stellt. Fazit: Alle phantastische Kunst geht davon aus, dass die einzige Wirklichkeit, die wir ehrlicherweise darstellen können, die ist, die wir selbst erfinden. Sie wird vornehmlich aus der Individualität geboren, aus dem konkreten Ringen jeden Lebens um Welt und Ich.

Nur wer von einer besseren Welt wenigstens träumen kann,
gewinnt die Kraft für ihre Verwirklichung. (Iring Fetcher)

Innen- und Außenwelt

Jeder Mensch lebt in zwei Sphären: Die heutige wissenschaftsgläubige Kultur sucht allein in der Außenwelt die gültige Antworten auf die große Frage nach dem Sinn alles Lebens. Das Phantastische dagegen untersucht die Innenwelten der Menschen, ganz in Art einer Höhlenforschung. Geschehen nicht hier die Dinge, die in aller Regel für jeden von uns von größerer Bedeutung sind als die Ereignisse auf den ersten Seiten der Tageszeitungen? Um von diesen Ereignissen hinter der sichtbaren Oberfläche der Dinge zu berichten, bringt phantastische Kunst innere Erlebnisse und Bilder in ein neues, originelles Verhältnis, das unabhängig von der äußeren Wirklichkeit sein kann oder eine originelle Mischung ist von Realität und Imagination. In jedem Fall handelt phantastische Kunst von der vielschichtigen Wirklichkeit, und setzt voraus, dass die Welt aus den Vorstellungen der Menschen heraus zahlreiche Gestalten entfaltet hat.

Imaginäre Reisen in neue Welten

Phantastische Kunst berichtet von der spannendsten Reise, zu der Menschen wohl fähig sind – der Reise in die Innenwelten. Mit Phantasie, der ureigenen schöpferischen Kraft im Menschen, werden Rea­lität und Fiktion zu neuen, phantastischen Welten voller Abenteuer und über­raschender Einfälle verwoben. Immer ist die große Suche des Künstlers – die ganz in Art einer klassischen Quest – eine innere Reise durch Zeit und Raum, ein beharrliches Forschen nach dem Geheimnis des Lebens und seiner verborgenen Ordnung. Das Bewundernswerte am Phantastischen ist, so formulierte es André Breton in einem der surrealistischen Manifeste, dass es, hat man es einmal akzeptiert, alles Phantastische verloren geht: Nichts ist mehr phantastisch, alles ist nur noch wirklich.

Denn danach suchen wir letzten Endes nur,
die Poesie ins Leben zu verweben,
im Leben selbst die Poesie zu finden. (Michael Ende)

Das Welterleben eines Ich

Myriaden von Wirklichkeiten umgeben uns, ziehen uns mit magischer Kraft in die Umlaufbahn ihrer Verbindlichkeit. Phantastische Kunst entsteht immer aus einem ganz individuellen Welterleben heraus – aus der ganz spezifischen Art eines Künstlers, die Welt und alles Leben darin zu sehen. Der Künstler, der Autor bezieht sein Gesetz aus der eigenen Innenwelt. Als Imaginationskunst schafft phantastische Kunst ihre eigenen Wirklichkeiten, lebt also vom Einfall, von der Idee – daher auch ihrer Kennzeichnung als Idea-Kunst, von der Erfindung – sie schöpft neue Welten. Ihre eigentliche Domäne ist die Phantasie.

Kunst und Wahrheit

Wahrheit ist keine Sache der Kunst. Die künstlerische Form ist etwas anderes als Erkenntnis. Ein Philosoph ist kein Künstler, auch wenn er ein kreativer Philosoph ist. Ein Wissenschaftler oder ein Heiliger, selbst wenn sie noch so Wichtiges zu sagen und vieles Neue geschaffen haben, sind keine Künstler. Ein Kunstwerk sollte keine Weisheit enthalten, sondern dessen Ergebnis sein.

Die Absichtslosigkeit

Muss sich nicht jedes Kunstwerk durch seine sinnliche Wahrnehmung, nicht aber durch irgendeine auch noch so beeindruckend klingende Theorie oder Ideologie rechtfertigen? Kunst ist erst vollkommen, wenn sie absichtslos wird, d.h. wenn sie mit keiner anderen Absicht verbunden ist als nur noch der höchsten, nämlich der des freien Spiels.
Michael Ende fand das Bild des Seiltänzers für dieses absichtslose Können: „Er will nirgendwohin; was er tut, tut er, weil er es tut. [...] Es ist aber das Prinzip aller Kunst auf der Welt, denn Kunst trägt immer ihren Sinn in sich selbst und ist zu nichts nütze", schrieb er an einen Leser.

Das Spielerische

Der phantastische Künstler ist ein Homo ludens, ein „unendlicher Spieler". Kunst ist vollkommen, wenn sie absichtslos wird, d.h. wenn sie mit keiner anderen Absicht verbunden ist als nur noch der höchsten, nämlich der des freien Spiels. Wenn Kunst und Dichtung im allerhöchsten Sinn eine innere Verwandtschaft mit dem Spiel haben, so verwandelt der Künstler alles, das Grauenhafte und das Liebenswürdige, das Profane und das Heilige, das Närrische und die höchste Wahrheit, in ein Spiel. Und mit diesem Spiel ist es ihm ernst.

Neue Schönheiten erfinden

Kunst muss sich nicht verschließen, um gut zu sein. Phantastische Kunst hält nichts von dem heute recht gängigen Vorurteil mancher Kritiker: „Kunst, die gefalle, sei eben keine". Sache der Kunst ist die Schönheit: Ein Kunstwerk ist nämlich immer eine Ganzheit und wendet sich auch an diese Ganzheit in jedem Menschen, der aus Kopf, Herz und Sinne besteht. Schönheit entsteht immer nur dort, wo der Mensch in seine ursprüngliche Ganzheit zurückversetzt wird. Da gibt es keine Form, die vom Inhalt getrennt werden könnte, keine Botschaft, die darin verpackt worden wäre. Überhaupt: Schönheit ist etwas Dynamisches, Prozesshaftes. Das Gleichgewicht von Kopf, Herz und Sinne muss nämlich ununterbrochen neu geschaffen werden.

Der Künstler ist ein Handwerker und Visionär: Er ist auf dem Gebiet des Schönen schöpferisch tätig.

Auf der Suche nach dem Wunderbaren

Wer kennt nicht den viel zitierten Satz von André Breton? „Sagen wir es geradeheraus: das Wunderbare ist immer schön, gleich, welches Wunderbare schön ist, es ist sogar nur das Wunderbare schön". In einer beinahe völlig entzauberten Gesellschaft wie unserer heutigen zeichnet alle Phantastische Kunst aus, dass sie das Geheimnisvolle ins Gedächtnis rufen will, aber auch die beiden extremen Pole aller Welterfahrung, nämlich das Wunderbare und natürlich auch das Entsetzliche. Seit dem klassischen Manierismus hat sich da sogar eine ganz eigene Ästhetik des Häßlichen, des Schreckens entwickelt.

Von der Notwendigkeit einer Wiederverzauberung der Welt

Es ist gelungen, die Welt zu entzaubern, sie aller Geheimnisse und Wunder zu berauben, sie durch rationale Erklärungen auf eine ihrer vielschichtigen Dimensionen zu reduzieren. Es ist an der Zeit, diesem Weltbild ein anderes entgegenzusetzen, das der Welt ihr Geheimnis und dem Menschen seine Würde zurückgibt. An dieser Aufgabe werden die Künstler, die Dichter und Schriftsteller einen wichtigen Anteil haben, denn ihre Arbeit ist es, dem Leben Zauber und Geheimnis zu verleihen.

Unendliche Wahrheiten

Werden wir der Welt ihr Geheimnis rauben können? Es gibt eine Theorie, so schreibt Douglas Adams in „Das Restaurant am Ende des Universums”, die besage, wenn jemals irgendwer genau herausfinde, wozu und warum das Universum da ist, dann würde es auf der Stelle verschwinden und durch etwas noch Bizarreres und Unbegreifliches ersetzt werden. Auf der Suche nach einem Sinn, nach einer Antwort auf das Rätsel aller Existenz bemüht sich die Phantastische Kunst neue Zusammenhänge herzustellen, die auch neue Bedeutungen zur Folge haben. Vielleicht enthält sie auch eine Spur jener romantischen Vorstellung, über die Künste vielleicht doch einmal jenes Wort oder Bild zu finden, mit dem alles miteinander zusammenhängt – den Mythos unserer Zeit erfinden, in dem wir uns alle wiedererkennen.

Die Bilder hinter den Bildern

„Es ist ein Unterschied, ob man noch glaubt, dass der Mond auf das Wachstum der Pflanzen einen Einfluß hat", so schreibt der Aphoristiker Georg Christoph Lichtenberg, „oder ob man es wieder glaubt." Die Entscheidung der phantastischen Kunst für die Gegenständlichkeit ist kein Zurückkehren, sondern ein Ankommen zu einer neuen Auffassung von Gegenständlichkeit. Was für die Kunst die Gegenständlichkeit, ist für die phantastische Literatur die gut erzählte Geschichte: Das konkrete Leben wird zu einem Sinnbild für die Welt, alles erhält eine Bedeutung, wird in eine Schicksalshieroglyphe verwandelt: Es erzählt uns von der Wirklichkeit hinter der sichtbaren Oberfläche der Dinge. Neben aller handwerklichen Könnerschaft geht es in der Phantastischen Kunst um das Bild von der Welt und dem, was gemeinhin als Lebensgebärde bezeichnet wird. „Kenntnis der Welt gibt dem Schriftsteller jeder Klasse Überlegenheit," sagte Georg Christoph Lichtenberg, und das gilt selbstverständlich auch für die Künstler. Aber was ist die Welt überhaupt? Was wissen wir von ihr?

Ein Kosmos voller Spannungen

„Immer wieder begegnen wie gleichzeitig heißen Wüsten und Eisbergen," schreibt Gustav Renè Hocke in Die Welt als Labyrinth, „ozeanischen Tiefen und baumlose Gipfeln, Verruchtheit und inniger Menschenliebe, der Sehnsucht nach Überschreitung aller Grenzen und dem Wunsch nach einem windstillen Hafen, dem Traum von einer mathematischen, religiösen Weltformel und der Angst vor dem sicht- und fühlbaren Zorn des lebendigen Gottes. Daraus ergeben sich die Spannungsverhältnisse in der phantastischen Kunst: Artistische Pflege des logistischen Scharfsinns und dämonisch-vitaler Expressionstrieb, mühsames, oft allzu mühsames intellektuelles Suchen und nervöses Taumeln in metaphorischen Assoziationsketten, Kalkül und Halluzination, Subjektivismus und Opportunismus gegenüber (antiklassischen) Konventionen, zierliche Schönheit und erschreckende Seltsamkeit, rauschgiftnahe Faszination und fast betende Evokation, Hang zur Verblüffung und aufgelöste Traumbereitschaft, idyllischer Keuschheit und brutaler Sexualität, grotesker Aberglaube und fromme Andacht.“ Diese Spannungen werden in jeder Form phantastischer Kunst aktiv.

Kreative Potentiale

Die Praktiker unserer Welt, die von sich behaupten, sie stünden mit beiden Beinen auf der Erde, treten inzwischen für den Naturschutz ein, wollen sie doch die schier unerschöpfliche Vielfalt bewahren als Reservoir für – so nennen sie es – das genetische Potential. So gesehen sind auch die phantastischen Künste zu hegen und zu pflegen: Sind sie nicht auch ein Reservoir geistiger Erneuerungskräfte, die wir dringend benötigen, um die Welt mit neuen Vorstellungen und Bedeutungen anzureichern, sie so zu erneuern bzw. eine neue Welt zu erschaffen?

Das Zentrum der phantastischen Künste

Es gibt ein altes chinesisches Sprichwort, das besagt, auch das kleinste Licht anzuzünden sei besser, als sich über die Dunkelheit zu ärgern. Am 20. Januar 1996 wurde in Bonn das „Zentrum der phantastischen Künste" gegründet. Es trafen sich dort aus verschiedenen Ländern phantastische Künstler aller Gattungen; Maler, Bildbauer, Schriftsteller, aber auch Galeristen, Verleger, Kunsthistoriker und Politiker, um gemeinsam für die Phantastische Kunst durch ein Netzwerk der Verbindungen, Ausstellungen und Aktionen einen Weg zu gestalten.

Unter den Gründungsmitgliedern des Zentrums waren Ernst Fuchs und Herbert Rosendorfer, Arek Brauer und Bele Bachem, aber auch Michael Ende, wenn auch posthum. Er hat sich noch kurz vor seinem Tode sehr stark gemacht für dessen Gründung, diese aber leider nicht mehr miterlebt. Zur Zeit sind es an die vierzig Mitglieder, die den inneren Kreis des Zentrums bilden. Darunter auch Gisbert Haefs, H.R.Giger, Bruno Weber und andere namhafte Künstler und Autoren.

Aufgaben der Vereinigung

Diese Vereinigung versteht sich als Mittelpunkt innerhalb eines Kosmos an künstlerischen Möglichkeiten. So wie jeder Künstler und Schriftsteller über eine ganz eigene, höchstpersönliche Sicht auf die Welt verfügt, hieraus ein ureigenes künstlerisches Konzept entwickelt hat, so stellt er auch in diesem Kosmos einen eigenen Stern, eine eigene Welt dar. Dieser Zusammenschluß will nichts anderes als ein Drehpunkt, im Idealfall der Mittelpunkt dieses Kosmos an unterschiedlichen künstlerischen Welten sein.

Bisherige Aktivitäten

„Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist”, sagte Victor Hugo. 1994 fand in Venedig mit „Du Fantastique Au Visionaire” die wohl erste große internationale Ausstellung phantastischer Kunst statt. Maurizio Albarelli, der diese Ausstellung unter der Patronage von Ernst Fuchs verwirklicht hat, hat inzwischen über 1.200 Künstlern weltweit katalogisiert, und Wolfgang Maria Ohlhäuser, selbst phantastischer Künstler, der an den Kunstakademien im Fernen Osten lehrt, macht das Zentrum regelmäßig auf neue Künstler dieses Genres aus dem entfernten asiatischen Kulturkreis aufmerksam.

1999 fand im HERRENHOF Neustadt/Mussbach a. d. Weinstr. die Ausstellung „DER FADEN DER ARIADNE"- Phantastische und visionäre Kunst, mit über 350 Kunstwerken von 35 Künstlern aus 7 Ländern statt, worüber ein Fernsehfilm produziert und in Verbindung weiterer Filmdokumente in einer „Phantastischen Nacht“ gesendet wurde.

Dies sind nur zwei Beispiele von einer ganzen Reihe von Ausstellungen und Projekten die von uns unternommen wurden!

Das „Zentrum der phantastischen Künste e.V.“ wird zu „Labyrinthe- Gesellschaft für phantastische und visionäre Künste e.V.“
Bei der Vielfalt der Aufgaben und der Komplexität der Struktur bei der Kommunikation mit und zwischen den Mitgliedern, stellte sich heraus, dass die bestehende Vereinsform bei unseren Aktivitäten, wie auch die Bezeichnung „Zentrum“ nicht optimal war, da dieser eher mit dem Gründungsort in Beziehung gebracht wurde. Im Jahr 2001 gründeten deshalb ca. zehn Personen in München „Labyrinthe – Gesellschaft für phantastische und visionäre Künste e.V.“ die sich als Nachfolgevereinigung des „Zentrums der phantastischen Künste e.V.“ versteht.

1. Das Gespräch: Elixier aller Künste

Labyrinthe, die Gesellschaft für phantastische und visionäre Künste e.V., ist ein Netzwerk, das persönliches Kennenlernen, Kommunikation, Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen Künstlern und Schriftstellern gewährleistet, eine Stätte des Diskurses, Austauschs und Vergnügens unter Gleichgesinnten, ein Medium, wo der Einzelkämpfer seiner Kunst spürt, dass er Seinesgleichen hat, aber auch eine Anlaufstelle für alle, die mehr über Phantastische Kunst wissen wollen.
Nichts ist für Kunst und Kultur lebensnotwendiger als das Gespräch. Es ermöglicht konstruktive Auseinandersetzung, neue Gedanken zu denken; fremde Vorstellungen zu erleben; sich messen mit anderen künstlerischen Welten; anhand von konstruktiver Kritik zu wachsen; Begrifflichkeiten zu schärfen, um effektvoller die eigene poetische Konzeption an den Mann oder die Frau zu bringen; gemeinsam die Kreise phantastischer Kunst zu vergrößern; besser überzeugen zu lernen, wie andere Künstler aus bestimmten Kunstrichtungen dies bereits bravourös beherrschen, um klarzumachen, dass Phantastische Kunst viel mehr ist als die wenigen Vorurteile, die in den Köpfen der Kritiker herumspuken.

Einmal im Jahr organisiert der Verein ein großes Phantasten-Fest: Hier feiern nicht allein Künstler und Schriftsteller, sondern alle Freunde der phantastischen Kunst.

2. Größere Kreise ziehen

„Die Stillen haben heute nicht die geringste Chance, ausgenommen auf dem Friedhof", schrieb Norman Mailer. Labyrinthe, die Gesellschaft für phantastische und visionäre Künste e.V., ist in erster Linie Sprachrohr und Lobby für die Phantastische Kunst und deren Künstler.

Es gibt für Künstler wohl nichts Schlimmeres, als wenn ihre Arbeit nicht wahrgenommen wird. Tatsache ist, dass eine ganze Kunstrichtung wie die der Phantastischen Kunst in den Feuilletons unseres Landes nur ganz selten zum Zug kommt. Selten gibt es eine Auseinandersetzung mit ihr, kaum erscheint einmal eine Besprechung, von einer herausragenden Auszeichnung ganz zu schweigen.

Labyrinthe, die Gesellschaft für phantastische und visionäre Künste e.V., verfolgt auch ganz praktische Ziele und will eine Lobby für Künstler und Phantastische Kunst sein. Das Interesse an der phantastischen Kunst soll durch Ausstellungen und Publikationen, Vorträge und Aktionen in der breiten Öffentlichkeit gefördert werden. Überhaupt sollen Ideen entwickelt werden, um neue Wege zu finden, damit die Phantastische Kunst die Menschen erreicht. Kontakte sollen geknüpft werden zu anderen Künstlern, Galerien, Museen und Verlagen, die sich ebenfalls für phantastische Kunst interessieren.

Labyrinthe, die Gesellschaft für phantastische und visionäre Künste e.V., hat den Auftrag, neue Konzepte für PR und Werbung auszuarbeiten, die der Phantastischen Kunst eine größere Resonanz in der Öffentlichkeit verschaffen. Es sucht auch Förderer und Sponsoren für die unterschiedlichsten Projekte wie Ausstellungen, Festivals und andere Veranstaltungen.

3. Das künstlerische Manifest

Irgendwann einmal – im Laufe der nächsten Jahre – werden die Künstler und Schriftsteller ein künstlerisches Manifest erstellen: Ein Manifest, das bei aller gedanklichen Klarheit, bei aller begrifflichen Präzision von einigen wichtigen Prämissen ausgehen wird:

Das Manifest der phantastischen Künstler soll einen wichtigen Impuls vermitteln auf die notwendige Wiederbelebung und Erneuerung der Kunst, und zwar aller Künste. Denn es kann keinen Zweifel mehr daran geben, dass die Kunst, falls sie auf ihrem gegenwärtig eingeschlagenen Kurs voranschreitet, die Gefahr läuft, für das kulturelle Leben bedeutungslos zu werden. Wenn wir in der Kunst mehr sehen wollen als ein sinnloses Spiel einiger Abgehobener – denn so stellt sie sich unfreiwilligerweise heute in der Öffentlichkeit dar –, müssen wir das Bedürfnis der Menschen nach Kunst und Kultur wieder ernst nehmen.

4. Die Zeitung der Phantasie

Langfristig ist die Veröffentlichung einer Zeitung der Phantasie mit einer halbjährigen Erscheinungsweise vorgesehen. Die Zeitschrift macht auf Ausstellungen und Veranstaltungen aufmerksam, stellt jeweils einen neuen Künstler und Schriftsteller vor, und informiert über Wissenswertes auf dem Gebiet der phantastischen Kunst und Literatur.

5. Das Museum der Phantastischen Kunst

Phantastische Künstler sind keine Verfechter von Pinsel und Ölfarbe als alleinseligmachende Ausdrucksmittel: Ein wichtiges Etappenziel von Labyrinthe, die Gesellschaft für phantastische und visionäre Künste e.V., ist die Einrichtung eines Museums der Phantastischen Künste in der virtuellen Welt des Internets. Hier sollen nicht allein die wichtigsten Kunstwerke der Maler vorgestellt werden, die dieser Kunstrichtung angehören, sondern auch Beispiel für Ausdrucksformen dieser Kunst in den neuen Medien vorgeführt werden.

Das Hauptziel allerdings ist die Einrichtung eines Museums der Phantastischen Künste in der wirklichen Welt. Hier werden einmal nicht allein leibhaftig die wichtigsten Kunstwerke der phantastischen Maler vorgestellt, sondern auch eine umfassende, repräsentative Bibliothek phantastischer Literatur gegründet werden. Selbstverständlich sollen hier auch den künstlerischen Ausdrucksformen in den Neuen Medien den ihnen gebührenden Platz eingeräumt werden. In Art der Surrealisten soll auch ein Büro für phantastische Forschung eingerichtet werden, das seltsame, wunderliche Gegenstände, Texte, Bilder, Zeitungsartikel usw. sammelt.

1 Stoyan, a.a.O., S. 36f.
2 Michael Ende, aus dem Nachlass (Datei 1801)

Literatur über Phantastik
(vorläufige Liste)

Albin, Anita: Die Kunst der Künste, Frankfurt

Breton, Andrè: Die Manifeste des Surrealismus, Hamburg 1968

Beuys, Josef & Ende, Michael: Kunst & Politil. Ein Gespräch, Wangen 1989

Campbell, Joseph: Die Kraft der Mythen,

Ende, Michael: Die Archäologie der Dunkelheit, Stuttgart 1995

Geissler-Kasmekat: Malerei - das vergessene Handwerk, Freiburg 1991

Grassi, Ernesto: Die Macht der Phantasie, 1984

Hocke, Gustav René: Die Welt als Labyrinth, Reinbeck,

Huizinga, Johan: Homo Ludens, Hamburg 1956

Lem, Stanislaw: Phantastik und Futurologie, 2 Bd, Frankfurt 1977 /1980

Schmied, Wieland: 200 Jahre phantastische Kunst,

Tieck, Ludwig: Shakespeares behandlung des Wunderbaren

Thomsen, Christian: Phantastik in Literatur und Kunst, Darmstadt 1980

Würtenberger, Franzsepp: Manierismus, Wien/München 1962

Phantastische Autoren
(vorläufige Liste)

Andreä, Johann Valentin

Beagle, Peter

Borges, Jorge Luis 

Burgess, Anthony

Carroll, Lewis

Eco, Umberto

Ende, Michael

Hesse, Hermann

Hoffmann, E.T.A.

Homer 

Kafka, Franz

Kubin, Alfred

Lem, Stanislaw

Marquez, Gabriel Garcia

Meckel, Christoph

Meyrink, Gustav  

Morgenstern, Christian

Novalis

Saint-Exupéry, Antoine de

Swift, Jonathan

Tolkien, J.R.R 

Poe, Edgar Allen

Potocki, Jan Graf

Rabelais 

White, T.H.

Phantastische Künstler
(vorläufige Liste)

Bosch, Hieronymus

Brueghel, Pieter

Chirico, Giorgio de

Clerici, Fabrizio

Dado

Dalí, Salvator

Delvaux, Paul

Ende, Edgar

Ernst, Max

Escher

Finì, Leonor

Hausner, Rudolf

Höhlen von Altamira

Klimt

Magritte, René

Matta

Moreau, G.

Oelze, R. 

Piranesi

Saint-Phalle,Nicky de

Tanguy, Yves

Thomkins,

Wunderlich, Paul

Mit Labyrinthe verbundene Künstler
(unvollständige Liste)

Bannuscher, Gerd, Künstler, Stubbgen

Bemmann, Hans, Schriftsteller, Bonn

Bentheim, Nikolaus Prinz zu, Künstler, Rom

Brauer, Arek, Künstler, Wien

Brown, Rafael, Bad Mergentheim

Capek, Jindra, Künstler, Prag

Culmann, Otfried, Künstler, Billigheim-Landau/Pfalz

de Rosa, Raffale, Künstler, Italien

Dinere, Lilia, Künstlerin, Lettland

Fassbender, Franz, Remagen

Fuchs, Ernst, Künstler, Wien

Giger, H.R., Künstler, Zürich

Gugel, Fabius von, Künstler, München
Hechelmann, Friedrich, Künstler,Weitnau-Hofen
Hoseus, Harro M., Künstler, Mannheim
Lehrer, Joachim, Künstler
Marlin, Brigid, Künstlerin, England
Ohlhäuser, Wolfgang Maria, Künstler, Wiesenbach
Rosendorfer, Herbert, Schriftsteller, Naumburg
Weber, Bruno, Künstler, Dietikon
Zademack, Siegfried, Künstler, Bremen

 

Labyrinthe – Gesellschaft für phantastische und visionäre Künste e.V.

Vorstand
Otfried Culmann, Roman Hocke,

Vorsitz
Roman Hocke

Schriftführer
Otfried Culmann
Raiffeisenstr.3
76831 Billigheim b. Landau/Pfalz
Tel/Fax  06349/5052  06349/5052
Otfried.Culmann@t-online.de

Schatzmeister
Angelika Hocke-Asam

Ehrenmitglieder
Bele Bachem, Arik Brauer, Ernst Fuchs, Michael Ende, H.R. Giger, Herbert Rosendorfer, Bruno Weber, Prof. Franzsepp Würtenberger +

Anschrift

Labyrinthe
Gesellschaft für phantastische und visionäre Künste e.V.
Walhallastr. 1
D-80639 München
Tel.  +49 (0)89-120 20 640
Fax +49 (0)89-120 20 633

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Bankverbindung
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BLZ 700 700 24

Mitgliedschaft und Spenden

Mitglieder von Labyrinthe können alle werden, die aktiv und engagiert einen konkreten Beitrag für die phantastische und visionäre Kunst leisten wollen.

Wir sind für unsere Arbeit rund um die phantastische und visionäre Kunst auf Spenden angewiesen. Gerne senden wir Ihnen eine Jahresspendenbescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt zu. Bitte vergessen Sie nicht, Ihre vollständige Anschrift anzugeben.

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